Sender
Im Rahmen der Ausstellungsreihe “Signaturen- Schloss Halberg“ des Saarländischen Rundfunks wurde vom 6. Dezember 1996 bis zum 10. Januar 1997 die Ausstellung „Sender“ gezeigt. In einem Flügel des Schlosses wurden 20 kleinformatige Malereien präsentiert. Bei der Vernissage am 5. Dezember hielt Prof. Dr. Christoff Neumeister von der Universität Frankfurt/M. einen gedankenreichen und aufklärenden Vortrag. Anschließend konnten die Besucher bei Fackelschein zum Ort des alten Mithras-Heiligtums promenieren.
Nach Thematik und Hintergrund der Werke fragte Rainer Petto (Redakteur beim SR) in einem Interview, das weiter unten zu lesen ist. Harriet Weber-Schäfer drehte einen Film für den SR.
Die Schönheit der Braunschen Röhre
Kulturredakteur Rainer Petto interviewt Till Neu im Dezember 1996
Rainer Petto: Eigentlich waren Sie nur eingeladen, in der Reihe „Signaturen“ im Schloß Halberg Ihre Bilder auszustellen. Sie haben sich dann aber die Aufgabe gestellt, den Halberg selber zum Gegenstand zu machen, und haben eine Ausstellung konzipiert, die speziell auf diesen Ort zugeschnitten ist. Was bedeutet der Halberg für Sie?
Till Neu: Als mich vor ein paar Jahren mit Mythen im Saarland beschäftigte, habe ich schon einmal den Halberg gestreift, weil hier das Mithras-Heiligtum liegt.Und ich habe mich jetzt gefragt: Wie gehören eine vorchristliche Erlösungsreligion und die heutige Radiotechnik zusammen? Da hat sich das Thema „Sender“ herauskristallisiert. Vielleicht klingt es etwas gewagt, aber ich sehe in einer solchen Erlösungsreligion eine Art Sender, die nach dem Schema Sender- Botschaft- Empfänger funktioniert. Das ist der Verknüpfungspunkt mit der modernen Technik.
Rainer Petto: Sie waren ,was die moderne Sendetechnik angeht, ja eher ein Laie. Wie sind Sie vorgegangen, um das für sich anschaulich zu machen?
Till Neu: Ich habe mich vom SR mit Literatur zur Geschichte Der Technik versorgen lassen und habe dann vor allem mit Hilfe älterer Bücher, aus den 50er Jahren, die Entwicklung der Fernsehtechnik nachvollzogen. Allerdings nicht, das muß ich zugeben, als ein wirklich Technikinteressierter, sondern ich suchte vor allem Bilder, die mich faszinierten. Und dabei bin ich instinktiv auf Darstellungen gestoßen, die mich anzogen und die für die technische Entwicklung auch wirklich wichtig waren.
Rainer Petto: Zum Beispiel
Till Neu: Zum Beispiel die Braunsche Röhre, von der in der Ausstellung auch ein Bild zu sehen sein wird: eine Elektronenstrahlröhre, die entscheidend dazu beigetragen hat, daß wir heute Fernsehbilder dieser Qualität bekommen. Und es kamen noch weitere Erfindungen hinzu, das Ikonoskop, als ein Bildzerleger; oder ich habe auch die Antennen entdeckt, die mit ihrer einfachen und idealen Gestalt den großen Radius erzeugen; oder die sogenannten Kugelsender, von denen ich zwei Beispiele in meiner Ausstellung zeige.
Rainer Petto: Aber das sind keine Installationen mit richtigem technischen Gerät, ...sondern sie haben zu Pinsel und Farbe gegriffen und die Gegenstände ganz traditionell gemalt.
Till Neu: Ja, denn ich habe entdeckt, daß in einzelnen technischen Formen eine Elementarform steckt, die ich mit meinen Mitteln der Malerei vielleicht retten kann, so daß sie durchsichtig wird.
Rainer Petto: Das ist dann ein anderer Effekt, als wenn Sie eine echte Braunsche Röhre in einem Schaukasten ausstellen würden.
Till Neu: Ich muß gestehen, wenn ich das älteste Modell der Braunschen Röhre von 1897 zur Verfügung gehabt hätte,dann hätte ich sie nicht gemalt. Sie ist so schön, so vollendet als Form und hat einen so starken, über das Technische hinausgehenden Objektcharakter, daß ich sie wie eine Reliquie in die Ausstellung gestellt hätte. Da ich sie aber nur als eine kleine Linienskizze in einem Buch über Fernsehtechnik gesehen habe, habe ich sie aus dieser bescheidenen Zeichnung herausbefördert und ihr eine Aura verliehen durch meine Malerei. Mein Beitrag ist also, daß die Braunsche Röhre als ein poetisches Element überleben soll.